Sonntag, 30. Mai 2010

Welcome to the Jungle part 2

Hallo, da bin ich wieder. Und ich war auch schon wieder weg. Weg aus Managua. In Jinotega. Arbeiterstadt im Norden, mitten in der Kaffeezone Nicaraguas und wirklich weit ab vom Schuss. In hügeligen Höhen und in dieser Jahreszeit konstant im Regen hat diese Stadt mich wirklich in Herbststimmung versetzt. Ich hatte eine Regenjacke an und einen Pulli! Hätte ich auch nicht gedacht, das ich sowas mal hier brauchen würde.

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Und was ich wirklich am meisten gebraucht hätte, waren Gummistiefel. Für terre des hommes war ich nämlich in den angrenzenden Bergen unterwegs um dort Landjugendliche zu interviewen, die bei einem Projektpartner von tdh ausgebildet werden. Die wohnen in Fincas, man könnte sagen: mitten im Schlamm. Und ich bin dadurch gestiefelt, hab mir das Landleben mit allen den Schweinen, Hühnern, Kühen und der Arbeit auf dem Feld angeschaut und über meine durchgesifften Schuhe geflucht.



War echt mortz anstrengend, weil zwischen den Fincas hin und her kam man nur mit Motorrad. Also ich hinten drauf (mit Helm) und ab über wirklich krasses Feldwege, teilweise durch Flüsse durch!!! Durch Flüsse! und ich hatte meinen Laptop und meine Kamera im Rucksack und hab geschwitzt vor Angst baden zu gehen. Dann haben wir noch ein Hahn überfahren, das hat gut geschmatzt. Meine Kamera hat dann tatsächlich noch einen kleinen Wasserschaden bekommen, aber nur weil mir banalerweise eine Wasserflasche im Rucksack aufgegangen ist. So ein Pech. Aber die scheint Selbstheilungskräfte zu haben, weil nach halben Stunden mit kaputten Display ging auf einmal alles wieder. Puh. Also mehr von Fotos von coolen Landjugendlichen gemacht. Und angeln war ich auch noch. Mortz was los gewesen


In Jinotega habe ich dann auch noch ein anderes Projekt besucht: Club Infantil. Einem Jugendzentrum, das sich um die Kinder der Stadt kümmert. Freitags war ich dann mit einem der Betreuer auf Besuch in einem der Barrios, aus dem vielen Kinder kommen, die das Centrum besuchen. Das Barrio (Viertel) lag am Hang und die Wege zu den Hütten waren vom vielen Regen total schlammig. Teilweise 7 Kinder in kleinen windschiefen Hütten, überall Schlamm und warm war es auch nicht gerade. Krasse Lebensbedingungen. Und dann haben mir der Betreuer und eine andere deutsche Freiwillige, die bei Club Infantil 6 Wochen Praktikum gemacht hat, auch noch die schaurigste und schlimmste Geschichte erzählt, die ich bis jetzt in Nicaragua hören musste. Während unseres Besuchs haben wir eine Brücke passiert, an der, wie mir später erzählt wurde, vor drei Wochen ein 17-jähriges Mädchen, das ebenfalls im Club Infantil war, von drei Männern vergewaltigt wurde und danach zerstückelt. War wohl eine Mafiageschichte um sich am Bruder des Mädchens zu rächen, für was auch immer. Scheißwelt.



Mal ne andere Frage. Ich benutze für diesen Blog Google AdSense, kann also sehen aus welchen Ländern auf diesen Blog zu gegriffen wird. Ich habe Zugriffe aus Norwegen, da hab ich einen Verdacht wer es sein könnte, aber ich habe auch welches aus Ghana. Aus Ghana! Wer ist den bitte gerade in Ghana? Bitte mal an mich schreiben;-) Ich bin wirklich interessiert.

Montag, 17. Mai 2010

Larger than Life

Mein Leben ist größer geworden als dieser Blog. Ich komm nicht mehr mit, mein Leben hat sich verselbstständigt, es macht jetzt was es will und ich komm nicht mehr nach mit dem Aufschreiben. So ein Mist. Ich versuche trotzdem ein wenig zusammenzufassen was in den letzten 2 Wochen passiert ist.

Esteli:
Also noch eine Woche Intensivspanischkurs gehabt. Ziemlich anstrengend gewesen meiner Lehrerin mit meinem Mallorca-Spanisch zu erklären warum es die DDR nicht mehr gibt und wir in Deutschland auf das dreigliedrige Schulsystem setzten. Ich hoffe sie hat die Kernaussagen verstanden. Im übrigen DDR: In den 80ern gabs viele Nicas, die zum studieren in die DDR gegangen sind. Weil so kommunisitische Länder halten ja gerne zusammen und deshalb gibts heute viele Leute hier, die noch ein paar Brocken Deutsch können.
An meinem letzten Abend in Palakagüina, dem Dorf in dem ich eine Woche vor Esteli war, saß ich mit der Familie zusammen und durfte durch ihre Fotoalben blättern. Jetzt kenne ich alle 50000000 Cousinen, Cousins, Tanten, Onkel und Schwippschwager der Familie Olvidia. Die haben hier Patchworkfamilien, da kann Deutschland echt einpacken. Da es hier mit der Treue wohl nicht so weit ist, oder besser gesagt mit der Verhütung, hat hier jeder Mann mal mindestens von 2 verschiedenen Frauen Kinder und jede Frau von mindestens zwei Männern. Oder so. Nein, das stimmt natürlich nicht, aber die Familienverhältnisse sind hier wirklich viel komplexer als in Deutschland.
Als ich also am letzten Abend durch das Familienalbum der Olvidias blätterte flog eine Ansichtskarte von Berlin Mahrzahn aus dem Album. Meine Gastmutter Ivette hob sie auf und hielt sie mir mit den Worten "Wie schön" (Que bonito) unter die Nase. Zu sehen waren graue Hochhäuser. Damals wohl noch als sozialistischer Sieg zu bewerten, heute eher zum Lachen, was ich dann auch gemacht habe. Ivette schaute mich ein wenig verwirrt an, bis ich ihr mit meinem duften Spanisch erklärt habe, dass das heute nicht mehr unser Traum ist in solchen aschgrauen Türmen zu wohnen. O tempora o morres.

Zigarrenfabrik in Esteli


Somoto:
Das vorletzte Wochenende war ich dann in Somoto. Patrick hat dort seinen Geburtstag gefeiert und es waren auch viele andere Freiwillige da, was sprachtechnisch natürlich super war. Ich, ganz der tolle Gast, hatte sogar Bier eingekauft. War aber der einzige, weil der Rest ist nur mit Rum angerückt. Also zum ersten mal Vollrausch mit Rum. Bier war sowieso nach 30 Sekunden alle.

Managua:
Seit einer Woche bin ich nun wieder hier und pendele zwischen meiner kleinen, feinen Hütte und dem Büro hin und her. Morgen fahr ich nach Leon, soll sehr schön sein und nächste Woche gehts nach Jinotega.

Der Post ist vielleicht ein wenig dürftig, aber als Entschädigung gibts den Super Salsa Hit, der hier Tag und Nacht auf allen Kanälen kommt. Der Sänger ist nämlich Nicaragüenser und so berühmt wie Herbert Gronemeyer bei uns. Und mir gefällt das Lied sogar, bin schon voll assimiliert mit dem lokalen Musikgeschmack;-)


Ach übrigens ich denke darüber nach hier länger zu bleiben. Vielleicht bis Ende September, oder vielleicht noch länger. Hängt davon ab, wie meine Master Bewerbungen laufen. Yo no se manana!

Montag, 3. Mai 2010

Der deutsche Patient

Esteli, wo ich gerade bin, hat heute bis sechs Uhr kein Strom und kein Wasser. Meine Gastfamilie ist gerade in der Kirche, nur der Vater ist in der Küche und kocht. Meine Hilfe wird dort auch nicht gebraucht. Und weil kein Strom, deshalb auch kein Internetcafe, bin ich in einer Blase der Langweile. Den einzigen Zeitvertreib den ich gerade habe ist an meinen tausenden Mückenstichen zu kratzen oder halt eben einen Blogeintrag auf meinem Laptop zu schreiben und erst später zu veröffentlichen. Was so eben geschieht.


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Seit gut eineinhalb Wochen bin ich jetzt aus Managua raus, was im Großen und Ganzen schon mal gut ist. Gab jetzt auch tatsächlich Tage an denen ich nur Spanisch gesprochen habe. Zum Beispiel letzte Woche bei meiner Gastfamilie in Palakagüina, einem kleinen Dorf eine Busstunde von Esteli entfernt. Dort sagen sich Hase und Igel wirklich noch Buenas Noches, ein dermaßen idylisches Fleckchen habe ich eigentlich noch nie gesehen. Die Familie war super nett und schon fast von einer erdrückenden Fürsorge.

Ein Haus in dem drei Generationen Frauen wohnen und keine Maenner. Oma, Tochter und Tochtertochter. Da war ein weißer Europäer natürlich eine große Attraktion und die 15 jaehrige hat mich auch direkt mit Te Quiero-Briefen ueberhaeuft. Leider kann ich so schlecht „Nein“ sagen, mit der Folge, dass ich letzten Mittwoch dreimal Gallopinto (Reis mit Bohnen) gegessen habe, was im Anbetracht der verwendeten Ölmenge bei der Zubereitung dieses Gerichtes schon ein gewisser Knock-Out für meinen Mittel-Europaeischen-Magen war. Das Resultat war eine Nacht über der Kloschüssel. Die Häuser in Nicaragua sind nicht mit denen bei uns zu vergleichen, denn wenn man will, hört man fast alles. War natürlich schön peinlich, als ich mich in der Nacht über die Schüssel gebeugt habe und mit den passenden Begleitgeraeuschen zu meiner oralen Magenentleerung das ganze Haus geweckt habe. Es wurde sich dann aber auch wirklich herzlich um mich gekümmert und nach einem Tag im Bett war ich wieder obenauf.



Vor Palakagüina war ich für vier Tage in Esteli auf einem Theaterworkshop von Movitep-sf, einer allgemeinnützigen Organisation, die sich für das Volkstheater in Nicaragua einsetzt. Jugendliche und junge Erwachsene aus Theatergruppen des ganzen Landes kommen regelmäßig zusammen und erhalten neue Innovationen und Anregungen für ihr Theaterspiel. Thema diesmal: Masken. Und ich habe tätsächlich zum ersten Mal in meinem Leben eine Gipsmaske gemacht. Besser spät als nie.

Die Gespräche, die ich mit den Teilnehmern für terre des hommes geführt habe, waren äußerst interessant. Einer von ihnen, Oscar ein 22 jähriger aus Managua, war sogar schon mal 2 Jahre im Knast. Eigentlich kaum vorstellbar, der Typ war nämlich oberwitzig und sehr freundlich, hat aber, als er selber noch in einer Gang war, ein Mitglied einer anderen Gang fast zu Tode geprügelt. Harter Shit.

Jetzt bin ich wieder in Esteli und bei einer anderen Gastfamilie für noch eine weitere Woche Sprachkurs. Gestern bin ich ein wenig auf Entdeckungsreise gewesen und habe lustigerweise Patrick, einen anderen deutschen Freiwilligen, den ich in Somoto kennen gelernt habe, auf dem Markt bei einer Tourismus-Messe getroffen. Dieses Land scheint wirklich klein zu sein. Und generell, wenn man Ausländer trifft sind das entweder Deutsche, oder Holländer oder natürlich Amis. Aber meistens deutsche und das Geile ist, man erkennt sie auch sofort als solche. Ist bei mir bestimmt auch nicht anders.
Abends war ich dann in der hiesigen Schicki-Micki-Disco fuer reiche Grossgrundbestizer und Touris.War sehr witzig. Dieses Land ist uebrigens fest in Reagatonhand. Groesster Hit momentan --> Pitbull


P.S. Hirnloses Video gibts naechstes Mal, hat noch nicht die passende Gelegenheit