Montag, 23. August 2010

Pinata, braunes Schwein und die dumme H*** Globalisierung


Hallo allerseits,

erstmal möchte ich mich für all die schönen Geburtstagswünsche bedanken und mich gleichzeitig dafür entschuldigen, dass ich so schlecht zu erreichen war. Leider sind wir momentan internetlos in Ellen´s Hütte, deshalb hatte ich keine Chance gestern mal online zu kommen. Sorry.
Ja, Geburtstag fern ab von der Heimat ist so eine Sache. Ich war schon ein wenig skeptisch im vornherein, ob mir das denn gefallen würde. So ganz ohne Familie und fast ganz ohne Freunde, doch dann war es doch eine Runde Sache.
Ich habe eine Pinata geschenkt bekommen, diese lustigen Pappmaché Figuren, die randvoll mit Süßigkeiten gefüllt sind und dann, so will es der lokale Brauch, mit einem Prügel geschlagen werden, so dass es einen feinen Süßigkeitenregen gibt. Der Prügler hat dabei verbundene Augen und die Pinata, die an einem Seil baumelt, pendelt erschwerendermaßen hin und her. Da ich aber nicht 12, sondern schon astronomische 27 geworden bin, wurde auf diesen Topfschlage Ritus verzichtet und ich konnte bequem meine Geschenke aus einer Klappe auf der Oberseite der Pinata angeln. War natürlich trotzdem ein kindliches Vergnügen. Obendrauf gabs noch eine leckere Sahnetorte mit meinem Namen drauf. Ebenfalls lokaler Brauch und alle dem nicht genug wurde ich dann auch Sonntags morgens mit infernal lauter Feliz Cumpleanos-Musik aus den Federn katapultiert. Danke auch.

Beim Tagesausflug stand dann die Lagune de Apoyo auf dem Programm. Ein malerischer Vulkansee eine Autostunde von Managua entfernt. (Siehe Bild oben). Dort habe ich dann mit Nadja Schiffeversenken und Uno gespielt und die ganze Zeit verloren. Ziemlich hart das Geburtstagskind verlieren zu lassen, wobei man doch weiß, dass Geburtstagkinder an ihrem Ehrentag höchst empfindlich sind;-)

Die schöne Zeit war dann heute morgen um 5 vorbei, als ich Nadja zum Flughafen gefahren hab und mich von ihr auf unbestimmte Zeit verabschieden musste. Dumme globalisierte Welt! Wäre man sein lebenlang einfach in einem Dorf im Taunus eingeschlossen blieben einem solche Abschiede erspart. Wird alles anders.

Ich hatte mich ja schon bevor ich nach Nicaragua geflogen bin schlau gemacht, was mich so erwarten würde. Damals habe ich viele hilfreiche Tipps bekommen. Und meine Tante erzählte mir von einem einprägsamen Erlebnisse, dass sie auf ihrer Nicaragua Reise gemacht hat. Als ich sie fragte, wie den so der Pazifik sei antwortete sie wie aus der Pistole geschossen:“Vor allem kann ich mich an braune Schweine erinnern, die Ketchup von Papptellern lecken“.... Okay... dachte ich mir. Wahrnehmungen sind wohl so verschieden wie Musikgeschmäcker. Doch was sehe ich als ich vorletztes Wochenende am Pazifik bin.

Dieses Schwein habe ich nur für dich fotografiert Vera. Ich hoffe du weiß das zu schätzen!

Mittwoch, 18. August 2010

Hallo,

Süßes oder Saures! Nein, es gibt kein Halloween in Nicaragua, aber dafür was anderes feines. Eine Griteria. Das ist ein Fest bei dem jeder, der mitmachen will, in seinem Haus eine Marien-Statur aufstellt und den Menschen, die von Maria zu Maria pilgern kleine Geschenke gibt. Alles was sie dafür tun müssen ist "Quien causa tanta alegria" sagen, was soviel bedeutet wie "Wer verursacht eine solche Freude", dann sagt der Herr Marienstatur-Aufsteller "La conception de Maria" also "Die Wiederauferstehung von Maria" und drückt dem Fragesteller eine Kleinigkeit in die Hand. Meist Süßigkeiten oder auch mal eine Banane. Ich habe auch Streichhölzer und Feuerzeuge geschenkt bekommen. Normalerweise feiert das ganze Land dieses Fest im Dezember, aber in ein paar Städten, darunter auch Leon, wird es ebenfalls am 15. August gefeiert. In Leon mit dem besonderen Hintergrund, dass sie vor ungefähr 100 Jahren große Probleme mit ihrem hiesigen Vulkan dem Cero Negro hatten. Der wollte einfach nicht mehr aufhören zu spucken und hülte die Stadt tagelang in eine heiße Aschewolke. Irgendwann kam ein Geistiger auf die Idee, eine Marienprozession zu starten, also von Haus zu Haus zu gehen und Marien anzubetten - und... Glaube versetzt ja bekanntlich Berge, aber er kann sie auch zu stopfen, denn schwups hörte der Höllenschlund auf zu speien und die Leute konnten wieder in Ruhe Gallopinto essen. Seitdem gibts auch im August Griteria, da freun sich natürlich die Kinder Leons, die größten Profiteure dieses charmanten Festchiens.

Freudig drängeln sie sich in jeden Hauseingang und schreien nach Süßigkeiten (und ich war mittendrin!).



Nicht weit weg von Leon liegt Playa Penitas. Eine schöner Pazifikstrand mit hohen Wellen und ziemlich taffen nicaraguanischen Surfern. Stundenlang treiben sie in großen Gruppen nebeneinander her und warten auf gute Wellen. Ich schau mir das vom Strand aus an. Ich bin zwar schon ein wenig in Costa Rica surfen gewesen, aber da sind die Wellen viel harmloser und man kann gut mit einem großen Anfängerbrett sein Glück versuchen. Hier ist das anders. Besonder bemerkenswert: Es gibt auch Mädchen, die richtig gut surfen können. Denn normalerweise, und das find ich wirklich komisch, gehen hier die Frauen auch kaum ins Wasser geschweige denn überhaupt an den Strand. Oftmals, wenn ich geschmeidig wie ein Büffel in den Wellen rumhüpfe muss ich feststellen, dass die Männerquote im Umkreis um mich in etwa der eines Kneipenabends im 603 in Darmstadt entspricht - 100%. Okay, ich tu dem Kneipenabend unrecht, aber hier sind wirklich 100%.


Letztes Wochenende war ich auf einer Microferia. Das ist ungefähr wie die Herbstmesse in Darmstadt den nicaraguanischen Verhältnissen angepasst. Eigentlich ist es eine Messe für Handwerk, d.h. Schaukelstühle, davon ist das Land sowieso voll, Kunsthandwerk und jede Menge andere Kram wird hier unter die Leute gebracht. Außerdem gibt´s zig tausend Fressstände und Musik + Tanz. War nett, aber das absolute Highlight war das Rodeo. Ich hab mich schön nah an den Begrenzungsstange positioniert um hautnah dabei zu sein, wenn Mensch gegen Tier in den Ring geht. Was ich nicht wußte, dass vorher noch ein Feuerwerk 10 Meter von mir entfernt abgebrannt wurde bevor es losging. Das war wirklich infernalische, da die Raketen kreuz und quer durch die Gegend flogen, die Kinder mir sind schreinend weggerannt und mir ist eine explodierte Rakete auf dem Schoß gelandet.
Das Rodeo danach war nicht mehr so gefährlich. Die Bullen waren ziemlich tranquillo und wenn mal einer runtergeflogen ist haben sie direkt angefangen zu grasen, anstatt sich über den Bedränger herzumachen. Wohl besser so. Die Jungs hatten alle auch keinen Schutz an, abe gebetet haben sie vorher fleißig. Merke, wenn du ohne Helm und Brustpanzer auf einen Bullen steigst, vielleicht Jungfrau Maria noch einen kleinen Gruß senden, kann nicht schaden.